Crossed Vol.1

Crossed ist ein Schlag in die Magengrube, ein Tritt in die Eier, ein Spucken ins Gesicht und eine visuelle anale Penetration. Crossed zählt definitiv zu den härtesten Comics, die ich je gelesen habe. Und auch im Vergleich zu extremen Filmen wie „Ichi The Killer“ und „A Serbian Movie“ und diversen anderen aus dieser Kategorie ist Crossed das Non-Plus-Ultra an Extremität. Wobei man ja betonen muss, das Extrem nicht unbedingt gleich gut bedeutet, meistens ist eher Umgekehrtes der Fall.

Das ist das Erstaunliche an Crossed. Crossed ist gut. Wirklich gut und spannend. Und die Bilder brennen sich für lange Zeit in das Gehirn ein und verschwinden wahrscheinlich nicht so schnell wieder.

Garth Ennis, der mit einer Reihe von Comics zu internationalem Ruhm aufstieg, macht da weiter, wo er immer war:  mit Comics für Erwachsene, und nur für Erwachsene. Ich wüsste auch nicht genau, wem ich dieses Comic empfehlen könnte, da ich glaube, dass viele eher geschockt sein werden und auch durch den bitterbösen abartigen Humor für lange Zeit unter Schock stehen werden (und durch die Bildern).

Crossed erzählt die Geschichte von einer Gruppe Menschen, die probieren nach Kanada zu fliehen, während die Welt an einer Seuche zugrunde geht, die die Opfer in willenlose Bestien verwandelt, die ihren niedersten Trieben unterliegen. Nein, keine Zombies, die diese postapokalyptische Welt bevölkern, keine Monster oder irgendetwas dergleichen sind die Bösen. Die Bösen sind wir. Die Bösen (-so heißen sie auch in der Graphic Novel-) sind noch lebende Menschen, die durch die Seuche, deren Herkunft nie erklärt wird, etwas verändert sind - zum Negativen. Ein pockenartiges Kreuz ziert ihr ganzes Gesicht. Die Seuche ruft in ihnen die niedersten Triebe unserer Existenz hervor und eliminiert den freien Willen. Die Triebe fangen an uns zu kontrollieren. Morden, Kannibalismus, Nekrophilie, Sodomie, am besten alles noch gleichzeitig, ist das was die Bösen erst mit den Nicht-Bösen anstellen und wenn es keine „Normalen“ mehr gibt, mit sich selber. Und das mit einem diabolischen Grinsen im Gesicht. Nicht wirklich schön.

Ich hatte meine Bedenken zuerst als ich die Graphic Novel in die Hand nahm, alleine schon wegen den Covers, die für mich zu den härtesten Bildern des Comicgenres gehören, die ich je gesehen habe. Aber nach anfänglichen Zweifeln, war ich sofort in der Story drin und wollte sie auch nicht mehr weglegen. Crossed ist ein Survival-Horror, ähnlich zu The Walking Dead und anderen Geschichten aus diesem Bereich. Ich fand TWD sehr gut vom Artwork und von den Stories, und im Gegensatz zur Fernsehserie auch sehr derbe. Aber Crossed lässt TWD wie eine Kindergartengeschichte wirken. Vor allem ist das Artwork top-notch und Vol.1 ist echt sehr gut gezeichnet. Zweiseitige Großbilder sind darin enthalten, die in einem eher den Wunsch auslösen, schnell weiter zu blättern, anstatt sich den Details zu widmen. Und macht man dies doch, überkommt einem die Frage: bin ich pervers? Will Ennis mir das sagen? Oder will er einfach sagen, die ganze Menschheit ist pervers? An sich wirkt Crossed wie eine Hasstirade gegen den Menschen – purer Anti-Humanismus? Sind wir zu solchen Gräueltaten fähig?

Meine einzige Kritik (und damit stehe ich nicht alleine), ist die oft verworrene Erzähl-Struktur, die mit Flashbacks gespickt ist, nur sind diese nicht immer ersichtlich, was oft zu leichter Verwirrung führt. Ein zweites Lesen empfiehlt sich deshalb, auch weil man die Bilder schon kennt und die Geschichte, ohne geschockt zu werden, durchlesen kann.

Allem in allem ist Crossed ein Meisterwerk, der etwas anderen Art, weit weit weg vom poppigen Mainstream und Zombiegeschichten dieser Tage und für abgebrühte Leser ein definitives Muss. Crossed will nicht gefallen und das ist das Gute daran. Und für Garth Ennis-Fans ist es sowieso Pflicht, obwohl ich auch viele enttäuschte Meinungen gelesen habe. Crossed ist eine Tour-de-Force, das definitiv polarisiert; like it or hate it!

Viel Spaß damit. 

Crossed im Netz

Crossed@Panini